Technische Finessen greifen uns vermehrt unter die Arme, wenn es darum geht unseren Körper wahr und ernst zu nehmen. Im heutigen Blogpost teile ich mit dir eine kleine Anekdote zu diesem Zusammenhang.
Ich gebe zu - was Automobiltechnologie angeht bin ich wirklich nicht auf dem neuesten Stand. So überraschte mich kürzlich auf einer Autofahrt ein Feature, das mir zum ersten Mal begegnete.
Ich befand mich mit einer anderen Person in einem Mietwagen auf einer mittellangen Strecke. Die andere Person kümmerte sich nicht nur netterweise um den Wagen, sondern war auch mehr als bereit die Strecke zu fahren. Sie fahre sonst sogar viel längere Touren und habe sehr viel Lust am Steuer zu sitzen. Durchwechseln wolle sie wahrscheinlich eher nicht. Wir hatten eine entspannte und sehr angenehme Fahrt, bis etwa 45 Minuten vor Ankunftszeit eine Anzeige im Cockpit aufleuchtete: „Müdigkeit erkannt. Bitte Pause einlegen.“ Wir staunten beide nicht schlecht. Woher wusste der Wagen das?
Wie ich später recherchierte erhebt das Auto hierfür mehrere Faktoren. Seine Berechnungen fußen aber wohl oft auf folgendem Sachverhalt: Beim Autofahren unterlaufen uns immer wieder kleine Fehler / Ungenauigkeiten. Sind wir müde, dann gleichen wir diese größer aus, als wir es täten, wenn wir wach und munter sind. So ist es für den Bordcomputer ein Leichtes uns rückzumelden, wenn wir unachtsam werden.
Technik schafft Sicherheit, Technik entfremdet
Garantiert ein sinnvolles Feature - stellt doch Übermüdung am Steuer ein großes Unfallrisiko dar. Wer würde technischen Fortschritt, der unserer Sicherheit dient, rückgängig machen wollen? Technik vermag uns überall da unter die Arme zu greifen, wo wir scheinbar noch blinde Flecken haben und von Unterstützung profitieren, einzeln sowie als Gesellschaft.
Und doch gibt’s für mich hier natürlich auch einen schalen Beigeschmack. Der Fakt, dass wir solch ein Feature brauchen, zeigt uns wo wir gesamtgesellschaftlich stehen und uns hin entwickeln. Wenn wir nicht einmal mehr merken, dass wir eine Pause brauchen, sondern hier auf Technik angewiesen sind, die uns das spiegelt, dann zeugt das schlichtweg von wenig Verkörperung in uns. Wären wir hingegen mit unserer Aufmerksamkeit immer auch ein Stück bei unserem Körper, unabhängig davon wie fokussiert wir gerade Auto fahren, lernen, oder Vorträgen folgen, dann könnten wir unsere körperlichen Signale viel eher wahrnehmen. Oft hakt es nicht einmal unbedingt an dieser Stelle - der Wahrnehmung des Körpers - sondern viel häufiger daran, dass wir der Wahrnehmung dann nicht trauen, sie nicht ernst nehmen, uns anderes wichtiger erscheint. Würden wir unseren Empfindungen wieder mehr trauen und sie priorisieren, dann würde sich das gesamtgesellschaftlich auswirken.
Eine verkörperte Gesellschaft
In einer Gesellschaft, in der alle viel verkörperter da sind, sich spüren und ernst nehmen, ihre Grenzen und Bedürfnisse achten - da wäre der Umgang untereinander ebenfalls gezeichnet von viel mehr Respekt, Wertschätzung und Unterstützung. Oder andersherum formuliert: wenn wir uns einen solchen Wandel wünschen, dann dürfen wir damit bei uns anfangen.
Was meine Kolleg:innen und ich in den Nervensystem-Ausbildungen daher stets zuerst lernten, ist die Wichtigkeit auf seine eigenen körperlichen Bedürfnisse einzugehen. Trinken, wenn man durstig ist, auf Toilette gehen, wenn man muss, sich Bewegung oder eine Pause zu gönnen, wenn der Körper danach verlangt. Was banal erscheint, fällt in der Praxis häufiger unter den Tisch als man so denkt. Sich bewusst hieran auszurichten dem Körper wieder mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung zukommen zu lassen indem man diese basalen Bedürfnisse wahr und ernst nimmt, macht also einen enormen Unterschied.
Wünschst du dir in der Beziehung zu deinem Körper tiefer zu gehen, sodass du dich wieder vermehrt spürst und Mitgefühl für dich aufbringen kannst, dann wirf gerne einen Blick in mein Coaching-Angebot. Statt auf technische Finessen angewiesen zu sein, trägst du bereits sämtliches Potential bei dir und darfst es lediglich freilegen. Gerne unterstütze ich dich in diesem Prozess.