Bevor ich anfing mit dem Nervensystem zu arbeiten, war mein Alltag und Selbstbezug geprägt von Härte. Einige Leute aus meinem näheren Umfeld spiegelten mir das so: „Du bist so hart zu dir“. Eine Aussage der ich natürlich damals, wie zu beweisen war, mit ganz viel Empörung und Widerstand entgegentrat.
Längst weiß ich was mir damals versucht wurde zu vermitteln. Ich begegnete mir all die Zeit mit sehr viel Strenge, Disziplin und Kälte. Da war wenig Verständnis und Mitgefühl für mich selbst vorhanden. Ich bewertete mich harsch, erwartete viel von mir und überging die verletzlicheren Anteile in mir regelmäßig. Der Gedanke etwas leisten zu „müssen“ war meine Überzeugung geworden.
Mit meinem heutigen Wissen kann ich klar erkennen, weshalb ich mir damals so wenig liebevoll begegnet bin. Als ich begann für mich selbst mehr Verständnis aufzubringen, lösten sich alte Muster Stück für Stück. Es gelang mir mit der Zeit Mitgefühl für mich aufzubauen.
Ein dysreguliertes Nervensystem ist rigide
Wunderbar lässt sich dieses geschilderte „Symptom“ der Härte auf unser Nervensystem übertragen. Befinden wir uns nämlich außerhalb unseres Stresstoleranzfensters, also vereinfacht gesagt gerade nicht in Balance und Ausgeglichenheit, sondern eher in klassischen „Überlebensmodi“, dann sind das häufig ganz besonders rigide Zustände.
Nicht selten leiden Menschen in einem dysbalancierten Nervensystem darunter in manchen Erregungszuständen wie „festzuhängen“. Die Flexibilität, um aus Stress wieder mehr in Richtung Entspannung und aus Trägheit wieder in mehr Aktivierung zu kommen, fehlt. Ein Zustand der Übererregung oder Untererregung stellt sich dann häufig als Normalität dar. Hiervon langsam wieder abzuweichen, sein Nervensystem also zu regulieren und sich hin zu mehr Balance zu bewegen, kann für Betroffene als ganz schöne Lernkurve erlebt werden.
Hier braucht es mitunter sehr viel Geduld, Vertrauen und stets einen sicheren Rahmen, auch in liebevoller Begleitung. Dann kann sich jede Form der Rigidität und Härte peu à peu wandeln, korrigierende Erfahrungen Einzug erhalten, und sich somit ein Raum öffnen für Veränderung.
Die Härte in meinem eigenen Alltag war somit keine charakterliche Eigenschaft, und nicht mal eine Lebenseinstellung, an der ich einfach festhielt. Sie war vielmehr ein Symptom für mein damals dysbalanciertes Nervensystem und meine prägenden Erfahrungen.
Nervensystem-Regulation für mehr Balance
Die Arbeit mit dem Nervensystem ist subtil. Aber irgendwann bemerkte ich in mir eine „Weichheit“, die ich vorab nicht wahrgenommen hatte. Ich kitzelte sie bewusst noch mehr heraus um sie zu stärken. Viel zu lange hatte ich mein Leben vorher von „Yang“-Energien bestimmen lassen, und der Überzeugung ich müsse nur machen, leisten, „hustlen“. Diese neu entdeckte Weichheit, Verletzlichkeit, Intuition, Verbundenheit, Geduld und Empfänglichkeit hingegen inspirierte mich zutiefst und zog mich in ihren Bann.
Ich nehme mein Leben nun als viel balancierter wahr. Es gibt Momente und Abschnitte in denen es durchaus gefragt ist abzuliefern. Und mindestens gleichermaßen gibt es Momente und Zeiten, in denen ich mich vom Leben einfach bewegen lassen darf. Dass heutzutage beides für mich möglich ist, genau wie alle Zustände dazwischen, ist Resultat meiner Beschäftigung mit mir selbst, meiner Nervensystem-Regulation, meinen hervorragenden Ausbildungen, und meiner wunderbaren andauernden Praxis im Loslassen.
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